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Person: Interview mit 523 – Auf der Suche nach dem Mysterium

Stickers of 523

In den letzten paar Monaten ist in der Schweiz vermehrt ein neues Craftbeer gesichtet worden. Und überall wo es auftauchte war es im Nu ausverkauft. Grund genug also, uns in Richtung Bern aufzumachen, um dem Mysterium auf den Grund zu gehen. Das Resultat; eine inspirierende Begegnung mit dem Brauer von 523.

Du bist ja momentan in aller Munde…!

Das ist für mich alles noch ziemlich ungewöhnlich. Auch die Anfrage für ein Interview war mir fast schon etwas unangenehm, denn es liegt mir wirklich fern mein Brauen an die grosse Glocke zu hängen. Generell ist mir das Fight Club Motto “Do NOT talk about…” doch irgendwie lieber. Natürlich möchte ich vielen Leuten den Zugang zu meinem Bier ermöglichen, ich habe jedoch auch riesigen Respekt vor den etablierten Brauereien und Kritikern.

Wie oft braust du?

Ich braue so 1-2 mal pro Woche, jeweils 200 Liter pro Sud. Wenn es mich jedoch packt und ich unbedingt noch etwas ausprobieren muss, braue ich auch öfters.

Wie oft hast du dein Pale Ale Rezept gebraut bis du mit dem Resultat zufrieden warst?

41 mal. Pale Ales sind ähnlich wie leichte Lager: die verzeihen keine Fehler. Daher hat es auch so viele Durchgänge benötigt, bis mich das Rezept geschmacklich und optisch überzeugt hat. Das Ziel war ein Einsteiger-Bier um den Leuten den Weg zu Craft Bier zu öffnen. Es weist daher auch nicht grosse Ecken und Kanten auf und ich verwende auch keine super-exotischen Zutaten. So waren die letzten Feintunings dann bei der Menge an Kohlensäure – im Bereich von 0,1g mehr oder weniger. (Kohlensäure hat einen grossen Einfluss auf die leichtflüchtigen Aromen und das Mundgefühl.)

Gehst du jedes Bier das du braust so systematisch an?

Ich bin schon sehr methodisch und dies auch mit Herzblut. Ich verstehe gerne alle Elemente/Faktoren und deren Einflüsse auf einen Prozess. Wenn ich an ein Rezept gehe, probiere ich die Zutaten, den Brauvorgang und den Gärprozess so auszuarbeiten, dass diese in Komposition möglichst genau meinen Vorstellungen entsprechen. Das gelingt manchmal und dann auch wieder nicht. Meistens sind es dann Details: So werde ich zum Beispiel bei meinem Roggen Ale das nächste Mal wohl etwa 1% weniger Roggen verwenden, da mich der Roggengeschmack momentan doch etwas zu akzentuiert dünkt.

Wann hast du denn mit Brauen begonnen?

Oh, vor ein paar Jahren. Inspiriert wurde ich primär durch das Reisen und die Biere die ich im Ausland getrunken habe. Dann haben mich aber auch immer die Aromen fasziniert, zum Beispiel die Variationen einer Single Hop Serie.  Ich wollte dann selbst auch ausprobieren was passiert, wenn ich eine Zutat 10 Minuten länger oder kürzer koche usw. So habe ich dann oft wochenlang in meiner Küche an einem Rezept rum geköchelt und Kleinigkeiten angepasst.

Bist du deinen eigenen Bieren gegenüber kritischer?

Ja, viel. Um Welten! Weil ich natürlich viel mehr beeinflussen kann. Ich schmeisse viele Batches weg, weil ich noch nicht wirklich zufrieden bin mit dem Ergebnis.

Der Aufwand bis du dann die Auswirkungen der gemachten Anpassungen ausprobieren kannst ist aber gewaltig?

Was hier sehr gut hilft, ist einfach einen Sud zu machen und diesen dann zu unterteilen, dann setzt du verschiedene Hefen an, machst verschiedene Dry Hoppings und so weiter. Dann kann man natürlich auch noch hingehen und die Dry Hoppings in verschiedenen Phasen des Gärprozesses machen, die Variationen sind endlos.

Hast du einen Lieblingshopfen?

Öhm, nein. Ich habe so Phasen, wo ich jeweils von einem Hopfen sehr fasziniert bin, die wechseln sich aber regelmässig ab.

Im Moment müsstest du ja wohl eher mehr brauen da die Nachfrage riesig ist?

Von „müssen“ kann ich da nicht sprechen, da mir das Brauen wahnsinnig viel Spass bereitet. Ich bin da jedoch noch ziemlich offen und schaue was die Zukunft für mich bereit hält. Zudem ist es mir wichtiger wahnsinnig gutes Bier zu machen, als wahnsinnig viel (lacht).

Du hast zusammen mit „braubar“ ein Bier kreiert. Wie kam es dazu?

braubar ist die Brauerei eines guten Freundes – Sebastian Imhof – dem Chefkoch des Restaurant Wartsaal in der Lorraine in Bern. Wir wollten zusammen ein Bière de Mars brauen, ein Farmhouse Ale mit dem ersten Gersten, den man im Jahr erhält. Das Bier sollte so authentisch wie möglich werden, weshalb wir Champagnerflaschen benutzen wollten (früher waren Flaschen für die Bauern schwierig zu bekommen – worauf sie die leeren Champagnerflaschen der Aristokraten für ihre Farmhouse Ales benutzten). – Wir sind darauf kurzerhand beim Hotel Schweizerhof Bern vorbei um zu fragen, ob sie uns leere Flaschen abgeben können. Die Antwort: „Ah, gute Idee, in drei Tagen haben wir die 60 leeren Flaschen zusammen.“ Nach dem eher mühsamen Waschen haben wir unser Bière de Garde abgefüllt, und die Hälfte des Batches mit Brett geimpft.

Braust du denn mit einem Publikum vor Augen, gibt es einen typischen 523-Biertrinker?

Ich denke mein Bier ist lange nicht für jede/n. In erster Linie geht es mir darum Biere zu brauen welche Horizonte erweitern. Beim Pale Ale wollte ich jedoch wirklich ein Bier herstellen, welches als Schwelle zur Welt von Craft Beer angesehen werden kann: Ein leichtes, bekömmliches und trotzdem von Aromen strotzendes Bier. Ein Bier welches die Augen öffnet und Alternativen zu konventionellen Lagerbieren aufzeigt.

Hast du noch wilde Ideen, wo du dich noch nicht ran gewagt hast?

Da gibt es noch unendlich vieles. Es gibt jedoch auch Stile, welche ich selbst nicht besonders gerne trinke, diese stehen dadurch auch etwas hinten an. Reds zum Beispiel haben mich bis jetzt noch nie wirklich fasziniert (wobei eines unserer nächsten Collabos ein Flanders Red ist (lacht)).

Wo holst du dir die Inspiration?

Also einerseits trinke ich halt selbst gerne gutes Bier, und da entstehen beim trinken dann oft Gedanken wie ‘hmm, das könnte man noch toppen!’. Und dann natürlich auch durch spezielle Zutaten: Hopfen, Hefen, Malz, Wasser… aber auch andere Lebensmittel und Gewürze – oder Gerichte zu denen man unbedingt ein darauf abgestimmtes Bier trinken möchte. Das ganze ist halt schlussendlich auch ein kulinarisches Faible. Wenn man gerne kocht, gerne isst, in der Küche gerne neue Zutaten ausprobiert – überall holt man sich neue Inspiration. Damit es dann schlussendlich im Brautopf auch entsprechend gut herauskommt ist oft ein langer Prozess nötig.

Angestachelt von der Diskussion über Inspiration durch neue Zutaten, und wohl auch durch die erstklassigen und durch die Interviewer degustierten Biere, driftete der Rest des Gesprächs etwas ab. Dieser Rest bleibt vorerst geheim, vielleicht hat ja dann aber der eine oder andere das (vermeintliche?) Glück das trinkbare Ergebnis dieser Diskussion in seinem Glas zu finden.

Übrigens: Am 31. Juli übernehmen 523 und Storm&Anchor die Taps im Biercafé Au Trappiste! Hingehen lohnt sich bestimmt!

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