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Ein Heimbrauer in einer Brauerei – Teil 2

Max von der kleinen Brauerei Brasserie Lance-Pierre in Lausanne macht gerade ein Praktikum bei der bekannten Brauerei Brew By Numbers (BBNo) in London. In mehreren Ausgaben wird er darüber berichten, wie es sich für einen «Heimbrauer» anfühlt in einer professionellen und Weltklasse Brauerei zu arbeiten. Das ist Teil 2.

>> Teil 1 ist hier.

Jede Woche hat einen anderen Zeitplan: Brautag, Umfülltag, Abfülltag und viele andere Aufgaben, wie zum Beispiel Hopfenstopfen, Kaffeebohnen in einen Tank füllen, Dichte- oder pH-Messungen durchführen oder den Tank unter Druck setzen. All das ist richtig viel Arbeit, welche sich die fünf Mitglieder des Brauteams – ich inklusive – teilen. Wir brauen circa 3 Mal in der Woche und diese Tage mag ich besonders, weil wir an den Tagen die Materie beeinflussen können. Und so sieht ein Tag eines Brauers aus.

Rezept

Brew By Numbers ist bekannt für ihre unendlich lange Liste an Bieren, die pro Bierstil und Rezept durchnummeriert sind. Pesönlich war ich erleichtert, dass ich nicht alle auswendig kennen musste. Solltest du das jedoch wollen, dann kannst du dir alle Biere hier ansehen.

Dave und Tom, die beiden Besitzer von BBNo, sowie das Brauteam formulieren die Rezepte gemeinsam. Degustationstermine werden von Toby, einem der Brauer, organisiert. An diesen Terminen diskutieren wir jeweils die neusten Biere die wir gerade produziert haben.

Heute brauen wir ein Saison mit 5.8% Alkohol, welches wir exklusiv für das Restaurant «The Wigmore by Michel Roux Jr.» an der Regent Street brauen.

Das Rezept, umgerechnet für 20 Liter geht folgendermassen:

Sudgrösse (Liter): 20
Total Malz (Kg): 3.36
Angestrebte OG: 1.041
Sudhaus-Effizienz: 85 %
Würzekochen Dauer: 75 Minuten

Malz
63% Helles Marris Otter – 2100g
12% Weizenmalz – 422g
6% Weizenflocken – 210g
6% Haferflocken – 210g
6% Roggenflocken – 210g
6% Invertzucker – 210g

Hopfen
Warrior – 17g (60 Minuten)
Mosaic – 84g (0 Minuten, 85°C)
Grapefruitzeste – 25g (0 Minuten, 85°C)
Hefe-Nährstoff – 2g (0 Minuten)

Hefe
BBNo Saison (ein French Saison Hefestamm)

Wasserprofil
Profil: Brüssel

Ca+2Mg+2Na+Cl-SO4-2AlkalinitätpH
11916173172322 (HCO3)8

Zeitplan
Verzuckerungsrast – 90 min @ 64°C

Heisswassertank

Bevor wir mit dem Brauen beginnen, müssen wir das Wasser analysieren. Den Wasserreport der Stadt finden wir auf dem Internet. Wenn es aber gerade geregnet hat oder irgendetwas an den Leitungen ist, dann nützt der Report nichts. Darum ist’s am besten das Wasser selber zu analysieren. Mit Messinstrumenten und etwas Geduld, überprüfen wir pH, Chlor, Sulfate und Kalzium des Wassers im Heisswassertank.

Wir haben für vier Bierstile unterschiedliche Wasserprofile hinterlegt. Um das Wasser an diese Profile anzupassen, fügen wir der Maische Gips und/oder Milchsäure zu. Das angepasste Wasser wird den Enzymen im Malz dabei helfen die verschiedenen Zucker zu zerlegen.

Das Wasserprofil für das Saison basiert auf demjenigen von Brüssel. Dazu verwenden wir den Rechner auf Brewersfriend.com.

Maischen

Als erstes müssen wir die Maischepfanne aufwärmen. In London ist es üblich mit einer Pfanne zu arbeiten, welche selber keine Heizelemente hat. Deswegen verwendet man heisses Wasser, um die Temperatur zu erhöhen, bevor man die ausgerechnete Menge Wasser hinzufügt.

Wir erhalten das Malz vom Produzent bereits geschrotet. Die Säcke sind nach Sorten gelagert: Normal und Spezialmalze, damit wir diese gleichmässig mischen können. Eine Förderschnecke transportiert das Malz zur Maischepfanne hinauf. Ein Brauer bleibt unten und entlädt die Säcke, währendem ein anderer oben steht und mit einem Paddel die Maische energisch mischt.

Wir brauen immer nur mit einer Maischerast, die Dauer ändert sich allerdings je nachdem welches Bier wir brauen oder welches Resultat wir anstreben. Es dauert immer eine Zeit bevor wir die Maische über die Rückseite zirkuliert, im Total sind es jedoch jeweils 60 bis 90 Minuten.
Das Läutern ist jeweils der schwierige Teil: Wir müssen die Zugabe vom Wasser so regulieren, das wir weder die Würze ertränken noch so langsam abläutern, dass wir zu viel Zeit verlieren. Je nach Rezept kann sich der Abfluss mit einem dichten Kuchen verstopfen, wodurch wir viel Zeit verlieren.

Kochen

Die Würze ist jetzt in der Kochpfanne, das am höchsten gelegene Gefäss in der Brauerei; ein wahrer Wachturm. Die Temperatur ist annähernd 100° C und unser Blick ist auf ein kleines Loch gerichtet, wo wir sehen können, wenn die Würze kocht. Das ist unser Zeichen um den Preboil von 15 Minuten zu beginnen: Los geht’s!

Jetzt ist auch die Zeit um den Bitterhopfen hinzuzufügen. Das Rezept gibt Taurus vor, auch bekannt als Hallertau Taurus. In anderen Bieren verwenden wir auch gerne Warrior als Bitterhopfen. Wenn ich zu fleissig bin und den Hopfensack bis auf das letzte Pellet leeren möchte, rufen mir die Kollegen zu: «Komm schon, einzelne Pellets machen auf eine Gesamtmenge von 10kg keinen Unterschied!» Ich antworte jeweils mit einem Lachen: «Doch, denn sie könnten einen Homebrewer ernähren!».
Während dem Kochen fügen wir dem Bier, je nach Rezept, noch Irish Moss hinzu, das Vegan ist. Das Moss erhalten wir als Tabletten die in etwas so aussehen wie die Vitamintabletten welche man im Wasser auflöst.

Whirlpool

Angesichts diesem Schritt, erklärt sich die Höhe der Kochpfanne. Das System ist dem eines traditionellen deutschen Systems ähnlich. Die Pfanne ist über ein grosses Rohr mit dem Whirlpool verbunden. Die kochende Würze fliesst, dank Schwerkraft, in das darunter liegende Gefäss, so dass sich ein Strudel, also der Whirlpool, bildet. Hier fügen wir der Würze Vitamine und etwas Zink zu.

Ein Brauer bleibt oben bei der Kochpfanne und achtet darauf, wann der letzte Tropfen abfliesst. Ich stehe auf einer kleinen Leiter mit einem Kübel voller Hopfen. Mann! Der Hopfen riecht so gut! Eigentlich sollte man daraus Haarwaschmittel oder Parfum machen… Achtung, hier kommt das Signal: Ich leere die zweite Hopfenzugabe in den Strudel und schliesse den Zufluss. Wir warten ein paar Minuten, die Temperatur ist jetzt bei 85° C: Zeit die Aromahopfen hineinzuschütten.

Gärtank

Alles ist vorbereitet: Der Wärmetauscher und die Pumpe, sind zusammen mit dem Durchflussmesser und dem Thermometer an den James Brown Tank angeschlossen, welcher für die Biere reserviert ist, die mit unserer Saisonhefe in Berührung kommen.

Von den zehn Tanks in der Brauerei werden zwei nur für Saison verwendet und ein weiterer, Rick James, ist für die Bretts reserviert. Der Rick James Tank ist ein Stück weit das wilde Tier der Brauerei. Wir haben alle ein bisschen Angst davor, wie sich der Super Freak auf die anderen Tanks auswirken könnte. Um möglichst negative Auswirkungen zu vermeiden, gibt es spezielles Equipment, das nur für den Freak verwendet wird: separate Pumpe, Schläuche und Rohre. Die Bretthefe wird auch in einem speziellen Fermenter, Funk City, gelagert, welcher jeden Freitag kontrolliert wird.

Die BBNo Saisonhefe wird geerntet, um wiederverwendet zu werden; wir bereiten sie jeweils am Tag vor dem Brauen wieder auf. In Funk City, einem 30-Liter-Keg, gelagert, messen wir mit einer Waage das Volumen der Hefe ab, welche wir für die Gärung hinzufügen wollen.

Zurück zum Brautag: Langsam aber sicher wird die Würze gekühlt und zu James Brown weitergeleitet. Das nun rund 70°C heisse Kühlwasser (erwärmt durch den Wärmetauscher) wird zurück zum Heisswassertank geleitet.

Wir sind nahe an unserem Zielvolumen, also prüfen wir, was wir noch im Whirlpool haben. In der Mitte der Pfanne ist eine kleine Insel aus Hopfen und Malzpartikeln sichtbar. Durch das Sichtglas sehen wir, dass die Würze langsam mit Hopfenteilchen durchsetzt ist.

Wir schliessen die Hähne.

Das Brauen ist vorbei.

In wenigen Tagen wird die Hefe von unten aus dem Gärtank abgezogen, um das Bier ein wenig zu klären.

Reinigung

Jeder Brauer wird mir zustimmen, dass das Putzen ein grosser Teil der Arbeit ausmacht. Ein Reinigungsprotokoll sorgt dafür, dass jeder in der Brauerei auf die gleiche Art und Weise putzt, ohne je einen Schritt zu vergessen:

  • Heisses Wasser zur Beseitigung der grössten Sauerei
  • Heisslaugezirkulation (4% – 20 Minuten)
  • Mit heissem Wasser nachspülen
  • Mit kaltem Wasser nachspülen
  • Kalte Peressigsäure (1% – 5 Minuten)

Kontrolle      

Wir brauen nicht wirklich Bier, wir stellen Sirup her und die Hefe macht das Bier. Aber wir müssen unsere und ihre Arbeit kontrollieren. Jeden Tag nehmen wir Proben von jedem Fermenter, um Dichte und pH-Wert zu messen. Wenn die Gärung abgeschlossen scheint, wird ein Diacetyl-Test durchgeführt.

Um einen Diacetyl-Test zu machen, braucht man:

  • 2 kleine Gläser
  • Alufolie
  • 2 Krüge
  1. in jedes Glas etwa 20ml Bier einschenken.
  2. Mit Aluminiumfolie abdecken.
  3. Eines der Gläser wird als Prüfprobe gebraucht, also lass es so.
  4. Das andere in einen Krug stellen, Wasser in den Krug geben, so dass das Glas umschlossen ist und aufwärmen lassen. Die Temperatur muss zwischen 55°C und 60°C liegen.
  5. das Glas 15 Minuten im Krug lassen.
  6. Nach 15 Minuten das Glas in einen zweiten mit kaltem Wasser gefüllten Krug geben, um die Temperatur der Probe auf 20°C zu senken.
  7. Nun die Aluminiumkappe entfernen an und an der Probe riechen. Wenn es einen buttrigen Geruch hat, ist noch immer Diacetyl im Bier. Falls Zweifel bestehen, an der Prüfprobe riechen, um zu vergleichen.

Wir vergleichen unsere Ergebnisse so oft wie möglich mit den anderen Brauern, bitten sie, selbst eine Kontrolle durchzuführen, ohne ihnen unser vorheriges Ergebnis mitzuteilen, um sie nicht zu beeinflussen.

Noch viel Arbeit

Es ist meine achte Woche bei Brew By Numbers. Ich bin jeden Tag unabhängiger, führe die Tests selbst durch, bereite die Zutaten und das Material vor, ohne zu fragen, was ich tun soll, und weiss, was ich tue.
Ich lerne jeden Tag über das Brauen, Gärung und vieles mehr: Ich lerne die Bierwelt kennen, und der gute Ruf der Brauerei öffnet mir Türen, mich mit anderen Fachleuten zu treffen und zu unterhalten.

2 comments
  1. Radulph

    Moin, irgendwas an dem Wasserprofil stimmt nicht. Es ist nicht ausgewogen, hat zu wenig Bicarbonat. Kannst Du Deine Quelle mal prüfen? Die Werte sind etwas höher als im Bru’n Water Calculator, erscheinen mir aber plausibler, da das Brüssel-Wasser immer als hart beschrieben wird.

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