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Person: Jérôme Rebetez von Brasserie des Franches-Montagnes

Weit weg im Jura steht die Brasserie des Franches-Montagnes. Die Brauerei von Jérôme Rebetez ist die einzige Schweizer Brauerei mit Weltruf und mit dem Abbaye de Saint Bon-Chien führt BFM einen modernen Bierklassiker im Angebot. Damit wurde die Reise zu BFM für uns – Marcel und Christian – zur Pilgerfahrt.

Im Interview spricht Jérôme im ersten Teil über Inspiration, die Schweizer Bierszene und Umami. Im zweiten Teil über das Abbaye de Saint Bon-Chien Festival, Collaboration-Biere und ob er tatsächlich keine Biere ausschliesslich für den Export braut.

Person: Jérôme Rebetez von Brasserie des Franches-Montagnes – Teil 2

Du hast als Homebrewer angefangen. Wurde aus einem deiner Homebrew-Rezepte ein BFM-Bier?

Nein, nicht wirklich. Vielleicht ist eine Spur von einem Homebrew-Rezept im La Salamandre, das Prinzip von einem Weizenbier mit vielen Aromen. Für mich hatte das Brauen immer eine enge Beziehung zur Küche. Das ist für mich fast das Selbe, wenn man ein Rezept kreiert. Und manchmal entsteht etwas Wildes oder auch nur ein Unsinn.

Mir scheint es, dass man beim Kochen einen direkteren Einfluss auf das Resultat hat, bzw. man beim Bier viel mehr im Voraus beachten muss um abzuschätzen, wie das Bier rauskommt.

Ja, das Bier braucht definitiv mehr Experimente.

Was kann ein Brauer von einem Koch lernen?

Das weiss ich nicht, ich bin weder Koch noch Brauer [lacht].

Welche hervorragenden Kombinationen von Speisen und deinen Bieren kennst du? Stehst du mehr auf Kontrast oder Unterstützung?

Mehrheitlich suche ich nach Kontrasten. Dabei probiere ich vor allem ein Element des Essens mit dem entsprechenden Bier zu kontrastieren und dadurch herauszuheben.
Sehr gut funktioniert das zum Beispiel mit dem B.A.T.S., unserem Rauchbier: Ich war letzthin in einem Genfer Restaurant, welches ein Crevetten-Carpacchio mit Piment Niora (Nora-Paprika) und einer asiatischen Fischsaucen-Infusion zubereitet. Das ging hervorragend mit den rauchigen Noten vom B.A.T.S. zusammen.

Das ist so oder so ein tolles Bier um mit Essen zu kombinieren.

Ja, es ist viel subtiler als man auf den ersten Eindruck merkt. Tatsächlich ist es von den nicht sauren Bieren mein Liebstes.
Wir haben drei verschiedene Quellen von Rauch: Rauchmalz wie in Bamberg, Torfmalz, Tarry Souchong (geräucherter Schwarztee) und jetzt möchte ich noch eine vierte Quelle hinzu mischen: Ich mache aus gebrauchten Bon Chien Barrels Oakchips um damit mein eigenes Malz zu räuchern.

Du veröffentlichst jedes Jahr ein Jahrgangsbier. Woher holst du die Ideen dafür?

Reisen und ein Gefühl für kommende Markttrends. Das diesjährige Bier „4×4“ hat nur 3 Prozent Alkohol. Der Trend zu Session-Bieren mit wenig Alkohol wird erst in ein paar Jahren in die Schweiz kommen. Nummer 7 war ein IPA. Das war vor 10 Jahren.

In Solothurn hast du einmal ein Tomatenbier ausgeschenkt. Was war die Idee dahinter?

Ich bin immer interessiert und bemüht ein Bier mit Umami zu brauen.

Woher kommt der Umami-Geschmack im Bier? Ich habe unterdessen verschiedene Brauer gefragt und bisher konnte mir niemand diese Frage beantworten.

Nun, zum Beispiel von einer Tomate.
Meine Biere haben zwar eine Stilbezeichnung, ich will aber nicht, dass sie eine klare Stil-Linie verfolgen. Meine Biere sind im BFM-Stil. Das macht es manchmal aber natürlich komplizierter die Biere zu verkaufen: Die Leute wollen ein Helles, also kriegen sie La Meule.
Die trinken das und wenn es ihnen nicht schmeckt, meine sie, dass sie BFM-Biere nicht mögen. Denn La Meule ist zwar hell, aber viel komplexer als ein normales helles Bier.

Wenn du im Biercafé Au Trappiste in Bern ein Helles bestellst, geben sie dir La Meule.

Ja, die können das aber schon erklären, was das für ein Bier ist.
Vor einiger Zeit ist der Verwaltungsrat der Oufi-Brauerei zu mir auf Besuch gekommen. Ich habe ihnen ein Saison, ein drei Jahre altes Bon Chien und ein B.A.T.S. serviert. Danach fragte jemand: „So, können wir jetzt noch ein paar Lager probieren?“ Die sind davon überzeugt, dass die Leute immer ein Lager Hell trinken wollen. Das ist vielleicht heute noch so, aber die Bier-Szene hat sich in den letzten Jahren entwickelt. Eine Brauerei bewegt sich auf einem gefährlichen Markt, wenn sie nur Lagerbiere verkauft. Diese Brauereien wettstreiten mit den Grossen.

Erzbierschof hat in seinen Bars immer ein Lager Hell auf dem ersten Zapfhahnen.

Ja, aber das nervt mich total. Ich habe nichts gegen Lager und er könnte ein Lager der Birrificio Italiano am Zapfhahnen haben. Das wäre ein super Lagerbier. Aber er hat da halt Prinzipien.

Das Lager und das Weizen sind wahrscheinlich die Biere, welche am schnellsten Wechseln.

Kein Wunder. Wir haben einen Betriebsausflug nach Liebefeld gemacht. Da hatte er neun Biere mit mehr als neun Prozent Alkohol an den Zapfhahnen. Das verstehe ich nicht. Und fast nur Gypsy-Brauer. Hätte ich eine Bar, würde ich Gypsy-Brauer boykottieren.

Du nimmst bereits seit Jahren an den Solothurner Biertagen teil. Welche Entwicklung konntest du beobachten?

Dass ein paar der Brauereien zusätzlich zum Lager Hell jetzt auch noch ein Weizen servieren. Der Samstag ist aber noch lustig. Da kommen die Kenner und Geniesser. Aber die Musik am Abend – das ist keine Bierkultur. Das ist wie München. Aber Alex Künzle [Organisator der Biertage] liebt das: Schlagerparade.

Auch an den Unterländer Biertagen wird man mit Volksmusik genötigt.

Und es ginge auch anders: An unserem Brassin Public machen wir keine Schlagerparade. Wir haben eine andere Identität. Und den Leuten gefällt es bei uns sehr gut.
Mein Traum an den Biertagen wäre ein Divan, zwei Kisten, ein kleiner Kühlschrank und nur Bon Chien auf Reservation zu servieren [lacht].

Hat sich der Bierkonsum in der Region seit dem es dich gibt verändert?

Also in den Franches Montagnes wird sicherlich viel BFM getrunken, aber in Delémont zum Beispiel nicht. Aber wenn wir einen Event organisieren, dann kommen die Leute. Wenn du aber hier ins Restaurant Sonne gehst und ein Bier bestellst, dann bekommst du eine Stange von irgendeinem Lager Hell. Und das obwohl das Restaurant mehr an unserem Bier verdienen würde. Die probieren oftmals nicht einmal unsere Biere zu verkaufen.

Wobei du hier in der Brauerei auch eine Bar hast.

Ja, das mussten wir machen. Sonst können wir unsere Ziele nicht erfüllen. Aber wir funktionieren nur mit Bieren. Wir haben keine anderen alkoholischen Getränke.

Trinken die Leute BFM weil sie auf den Geschmack gekommen sind oder weil das Bier aus der Region kommt?

Das weiss ich nicht, aber wahrscheinlich beides.

Wie erlebst du den Unterschied zwischen dem Bierkonsum in der West- und der Deutschschweiz?

Ausser der Bier Factory Rapperswil, Tom von Storm & Anchor und so weiter, ist es in der Deutschschweiz etwas langweilig. Das machen auch die super trendy Doppelleu nicht wett. Was die brauen ist kein IPA. Das ist eigentlich traurig.
Gleichzeitig ist es aber nicht schlecht, wenn Doppelleu an jedes Festival geht. Das sensibilisiert die Leute in anderen Regionen für spezielle Biere. Vielleicht ermöglicht das Doppelleu Pale Ale den Eintritt der Trinker in die Craft Beer World.

Wobei das natürlich auch schief gehen kann: Ist das erste Craft Bier das jemand bestellt ein Bier das nicht schmeckt, fragt sich der Konsument warum er dafür mehr bezahlen soll.

Aber wenn das erste Craft Bier welches du trinkst ein BFM ist, dann ist das ein Schock.

Es war ein Schock.

Siehst du.

Person: Jérôme Rebetez von Brasserie des Franches-Montagnes – Teil 2 

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