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Blackwell Brewing: Hefe züchten – Exkurs

Samuel, du züchtest Hefen. Erzähl uns davon.

Samuel: Als ich 2006 damit angefangen habe Hefen zu züchten, hat man viele in der Schweiz gar nicht bekommen. Um White Labs Hefen muss man heute noch kämpfen. Die Qualität der Wyeast Hefen war nicht immer gleich gut. Das war dann für mich der Moment wo ich entschieden habe mit meinem vorhandenen Wissen das selber zu machen. Seither, seit Jahren, kaufe ich keine Hefe mehr. Abgesehen von den Hefen die neu auf den Markt kommen.
Ausserdem gibt es gewisse Biere, die ich immer sehr spannend fand und bei denen viel auf die Hefe zurückzuführen ist. Es gibt Biere bei denen ich mit absoluter Sicherheit sagen kann, dass die Hefe eine entscheidende Rolle spielt. Das Heady Topper von The Alchemist ist zum Beispiel so ein Bier: Das Besondere am Bier ist, dass die Hefe ein sehr fruchtiges Aromaprofil hat, das dem Dryhopping ähnlich ist. Damit erleichtert sie das Profil, welches du bei einem Double IPA suchst. Du kannst mit der Hefe also noch eins Draufsetzen.
Zu Beginn haben wir mit ganz normaler Brauhefe gebraut. Aus Langeweile habe ich damit begonnen, wilde Hefen zu isolieren, Brett, Pichia und anderes Zeug das ich gefunden habe. Nach der Isolation begann ich damit diese zu charakterisieren.
Irgendwann war die Einrichtung nicht mehr ausreichend. Anhand meines Eureka Brewing Blog bin ich mit anderen Leuten im Kontakt, die das Gleiche mit Hefen machen. Diese sind auf der ganzen Welt verteilt und darum ist der Blog auch auf Englisch. Analysen die ich nicht selber machen kann, können Kollegen in den USA machen. Mit den Kollegen tausche ich auch viele Sachen aus – Methoden, Hefestämme – es hat sich ein tolles Netzwerk entwickelt.
Vor circa einem Jahr hat mich Jeff aus San Diego angefragt, ob ich interessiert daran bin ein Brett Experiment durchzuführen: Zwanzig Stämme zu testen. Ich habe unterdessen um die 100 verschiedene Brett Stämme und nicht die Kapazität alle davon selber zu testen. Vor einem Jahr habe ich circa 400 Proben in die Welt hinaus geschickt; 99 Prozent davon in die USA, denn in Europa hat nur eine Person mitgemacht.
Dieses Experiment hat mir Beraterfunktionen zugespielt. Start-Up Brauereien in den USA haben mich angefragt, ob ich ihnen eine Hefe mit einem bestimmten Profil zusenden kann, damit sie ihr Farmhouse Ale brauen können. Also die Idee welche sie im Kopf haben mit dem biologischen Material von mir umzusetzen. Da laufen verschiedene Projekte.

Was braucht es denn um sich ein Labor einzurichten?

Samuel: Gar nicht so viel. Wenn du an der Uni studierst, hast du ein Mikrobiologie-Praktikum und lernst die Methoden. Dort lernst du einfache Agarausstriche zu machen. Und das ist es schon: Du streichst Hefe auf Agar-Platten, das Medium auf welchem die Hefe dann wächst. Sie wachsen in Spots und du kannst die Hefe dann ab diesen Spots isolieren. Je nachdem welches Medium du nimmst, kannst du bereits eine Vorselektion treffen, z.B. ob es Brett oder eine normale Brauhefe ist. Mit der Selektion kannst du zum Beispiel auch gewisse domestizierte Hefen ausschliessen.
Gross Material brauchst du eigentlich nicht. Es ist einfach relativ teuer und nur aus dem Laborhandel beziehbar. Ein paar Petrischalen, eine Flamme und eine Impföse. Das reicht um anzufangen.

Wenn dich jemand kontaktiert und ein bestimmtes Geschmack-, bzw. Aromaprofil sucht, dann hast du das in der Hefebank oder würdest du Kreuzungen machen?

Samuel: Bisher habe ich keine Hefen gekreuzt. Damit sie gekreuzt werden können, müssen sie gewisse Eigenschaften erfüllen.
Ich lese im Moment Papers wie man das machen könnte und es gibt gewisse Labors in den USA die das machen. Wenn ich damit anfange, dann wird die Vielfalt in meiner Datenbank ins Unermessliche wachsen. Ich habe bereits jetzt schon sehr viele verschiedene Stämme und deswegen gar keinen Grund diese noch zu kreuzen. Vorher muss ich die einzelnen Stämme noch besser spezifizieren.
Es gibt gewisse Stämme die ich selber teste, gewisse Stämme die ich niemals jemandem anderen geben würde, weil ich weiss was ich daran habe. Für die andern habe ich Profile. Es gibt gewisse Rezepturen welche ich immer wieder einmal mache, sie als Split-Batches abfülle und dann mit verschiedenen Hefen vergäre. Danach bewerte ich das Resultat sensorisch sowie nach gewissen chemischen und physikalischen Charakteristika.
Wenn dann jemand etwas sucht, dann weiss ich schon ungefähr, welcher Hefestamm funktionieren könnte. Das es dann tatsächlich auch wirklich funktioniert, hat dann aber viel mit der Brautechnik zu tun. Ein Stamm ist in einer Single Strain-Gärung anders als wenn du ihn mit etwas anderem zusammen brauchst.

Erntest du auch Hefe aus den Flaschen von gekauften Bieren?

Tobias: Sogar sehr viele Hefen besorgen wir uns so.
Samuel: Ich bringe an viele Treffen Röhrchen mit. Hin und wieder fragen mich Kollegen, ob ich die Hefe aus einem bestimmten Bier isolieren kann. Das mache ich eigentlich für zwei Brauer in der Schweiz, die ich kenne. Allen anderen verkaufe ich die Hefe. Für mich ist das mit beträchtlichem Aufwand verbunden, die Hefe zu isolieren, charakterisieren, diverse weitere Abklärungen zu machen und dann vielleicht die Hefe noch in die USA schicken. Das ist halt nicht gratis, was viele nicht verstehen. Viele sehen diesen Aufwand nicht und denken sich einfach: Hefe ist doch einfach Hefe.
Aber wenn sich jemand dafür interessiert, bin ich immer dafür zu haben, vor allem wenn jemand aus der Schweiz frägt. Denn dann habe ich auch direkten Zugang zu den Leuten.
Wenn man so etwas für jemanden in den USA macht, dann versandet es oft und man hört nichts mehr zurück. Die bedanken sich dann höchstens für die Gratisprobe.

Und wahrscheinlich wärst du ja auch am Endergebnis interessiert.

Samuel: Genau. Das ist sogar mein Grundinteresse. Deswegen wollte ich das immer ohne grosse finanzielle Komponente machen, sondern lediglich die Versandkosten bezahlt zu bekommen. Denn die anderen machen sich den Aufwand und haben das Risiko mit der Hefe zu arbeiten. Aber unterdessen musste ich feststellen, dass das nicht so einfach ist und deswegen mache ich so Sachen lieber mit Leuten vor Ort, wo ich auch mit einer Flasche vorbei gehen kann.
Und unterdessen bin ich so weit, dass ich die Hefe auch selber teste. Ich schaffe mir damit einen eigenen Vorteil. Mittlerweile habe ich das Potential erkannt, dass ich hiermit habe. Viele Sachen gebe ich auch nicht mehr raus oder erzähle es niemandem, dass ich die Sachen habe. Diese verwende ich dann in meinen Bieren, schütze sie noch ein Bisschen, damit andere sie nicht isolieren können.

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