Roger Brügger, Schweizer Biersommelier, Hobbybrauer @ Brygger Øl
1. Das Herz: Es sagt, dass wäre nicht schön, wenn ein Gigant einer der Drei unten genannten übernehmen würde. Das fühlte sich an wie Verrat, weil man die irgendwann selber für sich entdeckt und lieben gelernt hat. Eine Übernahme zerstört diese Bindung. Also geht das gar nicht! Ich kann diese Biere dann nicht mehr kaufen, weil ich die Grossen eigentlich nicht so mag vor allem aber weil sich meine Geliebte verkauft hat.
2. Der Kopf: So what! Solange die Produkte unverändert bleiben und ich sie weiterhin erhältlich sind, ist das eigentlich nicht so dramatisch. Nogne O wurde übernommen und ist von den Bieren her immer noch sehr o.k.! Rodenbach und Boon gehören ebenfalls zu einem grösseren Konzern und sind trotzdem gut. Die Liste liesse sich wohl noch beliebig verlängern. Solange die Grossen den aufgekauften Brauereien bei den Produkten weiterhin weitgehend freie Hand lassen, geht das für mich o.k.. Was nicht geht, ist wenn die Produktionen geschlossen und verlagert werden. Das ist das absolute No Go!
Ich bin zu wenig «romantisch» und finde solche Übernahmen mässig schlimm solange eben die Produkte bleiben und vor allen der Produktionsstandort erhalten bleibt. Solche Übernahmen sind zugleich ein Zeichen, dass die Industrie das Potential der kleinen erkannt hat und eigentlich ist das Teil des Gedankens der Craft Brewer. Man wollte es «allen» zeigen wie gut Bier schmecken kann. Die Leute sind drauf abgefahren und die Grossen haben gesehen und verstanden, dass da Geld zu verdienen ist.
Ein Zigarettenhersteller kann gleichzeitig ja auch teure und hochwertige Zigarren unter anderen Brands produzieren. Bei den Single Malt Whiskys geht das ebenfalls. Die gehören auch zu grossen Konzernen, sind aber immer noch lokale Produzenten weil gerade die Rohstoffe und Herstellverfahren nicht einfach so gezügelt werden können.
Man kann sich auch mal fragen wie die Herren Mettler, Rebetez über ihre Nachfolgeregelung nachdenken? Vielleicht bleibt denen in 10-20 Jahren auch nur der Verkauf an einen Konzern übrig weil niemand in ihre Fussstapfen treten will oder kann.
Stephen Hart
Ob ein Übernahme erfolgreiche ist oder nicht hängt von der Betrachter ab. Kunden einer Craftbier-Brauerei messen eine Übernahme an der Bierqualität und Biervielfalt an. Manager, die ein Übernahme einfädeln messen alles an der Betriebswirtschaftlichkeit. Ob «Synergien» genutzt werden, ob Kosten gespart werden, ob der Kundenverlust nicht zu gross wäre.
Ob das Bier nach der Fusion allmählich ständig sein Charakter und dann schliesslich seine Seele verliert kümmert ein solcher Manger nicht, sowas ist nicht Messbar.
Kommt noch dazu, dass diese Manager austauschbar sind, sie wechseln Job und Standort wie Fussball-Trainer. Der nächster ist es egal was damals versprochen wurde. Hauptsache seine «innovative» Ideen umgesetzt werden und mehr Kohle, für die Firma und auch für ihn, resultiert.
Ich erlebte sowas beim Fusion Hürlimann-Feldschlössli, So ist es damals auch gelaufen, alle Biere stammen jetzt von High-Gravity ab, alles ist ein Abklatsch von sich selber. Naturtrübes Bier wird als «Innovation» gepriesen??.
Ausverkauf heisst allerseits Kohle einstecken aber auch Abschied von Leidenschaft und Kreativität.