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Interview mit Tobias Emil Jensen von To Øl

To Øl hat einen kometenhaften Aufstieg hinter sich. Bereits nach wenigen Jahren (nach 5, um genau zu sein), ist To Øl gemäss RateBeer eine der zehn besten Brauereien der Welt. Tobias Emil Jensen besuchte die Schweiz und machte an drei Stationen halt. Zusammen mit Tore Gynther ist er To Øl. Zwischen den beiden Meet The Brewer Terminen in der Erzbierschof-Bar in Zürich konnten wir ihn treffen und ihm ein paar Fragen stellen.

To Øl wird als die Nummer 9 auf der RateBeer-Liste der besten Brauereien der Welt aufgeführt. Insgesamt sind drei Brauereien mit dänischem Hintergrund in den Top Ten. Worauf führst du das zurück?

Das ist eine gute Frage. Auf eine Art gibt es zwischen uns allen eine Verbindung. Somit ist es komisch, dass wir alle drei auf der Liste stehen. Die Brau-Community ist sehr klein, besonders in Kopenhagen. Jeder kennt jeden. Niemand konkurrenziert mit den anderen, wenn überhaupt ist es ein Freundschaftsspiel. Wir kämpfen immer noch gegen die 95 Prozent Marktanteil des Industrie-Lagerbiers.
Ich führe unsere Rangierung darauf zurück, dass Dänemark keine Bier-Tradition hat. Als wir 2010 begannen, gab es Nogne Ø in Norwegen und natürlich Mikkeller. Evil Twin hatte gerade erst angefangen. Amager war aktiv. Nur langsam kamen die Dinge in Skandinavien und den Nordischen Länder ins Rollen.
Nach NOMA [gemäss dem Restaurant Magazin seit 2010 das beste Restaurant der Welt – ed.] entstand plötzlich ein Interesse an nordischen Bieren. Und ich meine, dass wir einen Hauch von Skandinavien in unseren Bieren haben: alle unsere Biere werden mit einem kleinen Anteil von Hafer gebraut. Hafer ist das Geheimnis hinter der sexy Dunstigkeit, dem Körper, Mundgefühl sowie dem Schaum. Entsprechend fügen wir jedem unserer Biere fünf bis zehn Prozent Hafer zu.
Zudem sind wir beim Brauen neugierig und brauen sowohl mit lokalen sowie exotischen Zutaten, die wir irgendwo auf der Welt finden.

In Dänemark hat Craft Bier also einen Marktanteil von 5 Prozent?

Die Statistik ergibt jeweils einen Anteil von 93 Prozent Industriebier aus Dänemark und sieben Prozent Craft Bier und importiertes Bier. Diese sieben Prozent umfassen somit auch Budweiser oder Hoegaarden. Das geht als Wit zwar in Ordnung, aber ich würde es niemals als Craft Bier bezeichnen.

Ihr habt auf der RateBeer-Rangierung den neunten Platz erreicht. Russian River ist auf dem zehnten Rang. Was denkst du darüber?

Ich wusste damals nicht, was ich darüber denken sollte, als ich von der Rangierung hörte, denn Russian River ist legendär. Pliny The Younger, Pliny The Elder sowie all die anderen Bieren die sie brauen sind grossartig. Leider hatte ich bisher noch nicht die Möglichkeit, die Brauerei zu besuchen, möchte das aber gerne.
RateBeer muss man mit Vorbehalt betrachten. Es gibt viele Brauereien welche nicht die Aufmerksamkeit erhalten, welche sie eigentlich verdienen würden. Die Bewertungen sind stark abhängig davon, in welchen Ländern man die Biere kaufen kann, denn in verschiedenen Länder wird ganz unterschiedlich bewertet. Deswegen werden einige der grossen Brauereien die überall erhältlich sind schlechter bewertet.
Zum Beispiel wenn man in Asien erhältlich ist. Dort sind sie sich saure oder besonders hopfige Biere nicht gewohnt. Entsprechend bewerten sie diese schlechter, was wiederum die Gesamtbewertung verschlechtert. Länder wie Polen wiederum sind sehr enthusiastisch. Wenn man also in Polen erhältlich ist, bekommt man gute Bewertungen.
Des Weiteren wird bei den Bewertungen nicht berücksichtigt, wie alt ein Bier ist. Was insbesondere bei IPA von zentraler Bedeutung ist. Biere aus den USA sind potentiell bereits alt, bis sie in Europa erhältlich sind. Entsprechend besser schmeckt ein lokales IPA. Doch wenn man das gleiche Bier in den USA trinkt, dann wird man merken, dass es gleich oder sogar besser als das europäische IPA ist. Jeder Bundesstaat in den USA produziert gute IPA. Nur bekommt man diese in Europa nicht frisch.
Entsprechend könnte RateBeer verbessert werden.

Eine Frage stellen wir in jedem Interview: Welches deiner Biere hättest du Beerhunter Michael Jackson serviert?

[lacht] Ich bin etwas zu jung, als das ich seine Ära miterlebt hätte, doch er ist eine Legende. Und wow, diese Frage hat mir bisher noch niemand gestellt.
Vielleicht Black Malts And Body Salts, unser Imperial Black Coffee Double IPA. Ich bin ziemlich stolz darauf, dass, wenn man es mit geschlossenen Augen trinkt und sich lediglich auf den Körper konzentriert, dann fühlt es sich wie ein IPA an. Gleichzeitig aber hat es genügend Röstmalz, um ihm einen besonderen Kick zu geben und das wird zusätzlich vom Kaffee noch betont. Kaffee ist eine grossartige Möglichkeit, um komplexe Geschmäcker einem Bier zuzugeben, ohne dass man zusätzliche schwere Mälzer hinzufügen muss. Deswegen fühlt es sich wie ein IPA an, aber hat die geschmeidige Röstung eines Stouts.

Ist das ein Rezept welches seinen Ursprung im Homebrewing hat? Oder anders gefragt: Wie viele Biere braut ihr noch, welche ihr bereits als Homebrewer gebraut habt?

Um ehrlich zu sein, wenn man damit anfängt selber zu brauen, begeht man viele Fehler. Deswegen bin ich stolz darauf, dass die meisten unserer Homebrew-Biere nicht mehr in Produktion sind [lacht]. Damals versuchten wir ein paar wirklich verrückte Sachen zu brauen, denn wir waren immer noch am Lernen.
Goliath bedeutet uns aber viel, denn das Bier hat seinen Ursprung in einem Homebrew-Rezept, welches schief gegangen ist. First Frontier, der Barleywine Mine Is Bigger Than Yours und Goliath sind die einzigen drei Rezepte, welche wir aus der Zeit beibehalten haben.

Wenn ihr ein neues Bier kreiert, wie antizipiert ihr, was während der Produktion raus kommt?

Es ist ein schwieriger Prozess, der jeweils damit endet, dass Tore und ich ein Gespräch führen. Die erste Idee steht meist im Zusammenhang zu einem Geschmack, aber es kann auch sein, dass uns zuerst ein toller Name einfällt. Black Malts And Body Salts existierte zuerst als Namen und wir haben uns dann überlegt, was ein Bier mit diesem Name sein sollte. Obschon es dann irgendwie offensichtlich war, dass dies ein Coffee Double IPA sein muss.
Wir sind wirklich bestrebt darin uns inspirieren zu lassen. Dafür muss man Biere von anderen Brauereien trinken. Klar, ich kann auch Wein oder Cocktails oder Schnäpse trinken. Das inspiriert auch. Gleichzeitig aber möchte ich wissen, was die anderen Brauer machen. Ich möchte Hopfen-Bauern besuchen und wissen, was sie fürs nächste Jahr anpflanzen.
Wir brauen keine Biere, weil die Nachfrage danach vorhanden ist. Wenn man alle versucht zufrieden zu stellen, dann wird das nicht gelingen. Alle haben andere Vorlieben. Die Einzigen, welche wir zufrieden stellen können, sind wir selber. Entsprechend macht es Sinn, dass wir die Biere brauen welche uns schmecken, in der Hoffnung, dass diese dann auch anderen schmecken. Zum Glück decken sich die Vorlieben von uns mit denjenigen von anderen.

Gibt es Biere, die ihr regelmässig braut?

Es gab bisher keinen Moment, an dem wir hingehockt sind und eine Liste der Standardbiere, saisonalen Biere und einmalig gebrauten Bieren festlegten. Dennoch haben wir so etwas wie ein Standardangebot: First Frontier, Raid Beer, Black Ball und Reparationsbajer. Das liegt aber vor allem daran, dass wir diese Biere lieb gewonnen haben.
Jedes Mal, wenn wir ein neues Bier brauen, können wir dieses verkaufen. Unabhängig davon überlegen wir uns, ob das Bier so gut war, dass wir es nochmals brauen möchten. Damit möchte ich nicht sagen, dass ein früheres Bier von uns schlecht war, aber vielleicht möchten wir einfach eine andere Version davon brauen. Für einen Brauer macht es mehr Spass, eine neue Version zu brauen, als immer das gleiche Bier zu brauen. Wenn man natürlich etwas faul ist, dann gefällt es einem vielleicht, immer das Gleiche zu machen. Wir sind aber eher daran interessiert, eine gute Balance zu finden zwischen Standardbieren, saisonalen Bieren und Bieren, die wir nur einmal brauen.

Angesichts der Namen scheint ihr ein paar Serien zu haben: „… bigger than yours“ oder „Fuck…“. Kannst du erklären, was diese gemein haben?

Auch hier gibt es keinen strategischen Plan. Gleichzeitig gibt es die Frontiers – First Frontier, Final Frontier, Sans Frontier, Thirsty Frontier – welche alle IPAs sind, darunter auch ein Session oder eines im belgischen Stil. Alle „Fuck Art“-Biere sind von Belgien inspiriert, sie sind also Quadruples, Dubbles, alles mit einem Trappisten-Zusammenhang.
Dann sind da noch die Session-Biere, bei der die Regel lautet, dass sie 4.6 Prozent Alkohol haben. Okay, eines hat 4.7 und ein anderes 4.5, aber das Ziel war, dass alle 4.6 haben. Wir haben diesen Alkoholgehalt gewählt, weil es der Stärke eines normalen Pilsner entspricht. Wir wollten zeigen, wie viel Geschmack ein Bier mit so wenig Alkohol haben kann. Das ist aber gar nicht so einfach. Man kann dem Bier nicht viel Malz zufügen. Deswegen muss man die Hefen und den Hopfen sehr zielsicher einsetzen.
Dann brauen wir noch Paare: Garden Of Eden und Fall Of Man oder auch Mine Is Bigger Than Yours und I’ve Seen Bigger Than Yours.

Ihr seid Gypsy-Brauer. Was würdet ihr anders machen, wenn ihr eine eigene Brauerei hättet?

Das ist eine richtig gute Frage. Mein Traum ist es keine eigene Brauerei zu haben. Die finanzielle Erklärung dafür lautet: Wenn man nicht selber reich ist, und das sind wir nicht, braucht man sehr viel Geld, um eine Brauerei zu eröffnen. Du kannst zwar bei einer Bank einen Kredit bekommen, Investoren finden, so an Geld kommen und die Brauerei eröffnen. Danach musst du aber jede Woche und jeden Monat den Kredit zurück und Miete für die Lagerhalle bezahlen. Das zwingt dich in eine Spirale, in der du ständig effizient wirtschaften musst. Das kann dazu führen, dass man sich eher auf die Menge als auf die Qualität konzentrieren.
Mir hingegen gefällt es, dass wir auch einmal einen Monat lang nichts brauen könnten, da wir keine Miete bezahlen, keine Brauer anstellen und keine Lagerhalle haben. Wir sind nur vier Jungs: Tore und ich, unser Label-Designer Kasper und Henry, der sich um die Finanzen, den Verkauf und den Papierkram kümmert.

Ihr habt einen Anteil an Mikkeller & Friends. Wer trinkt in der Bar?

Unterdessen gibt es eine Bar in Kopenhagen und eine in Reykjavik. Ich war überrascht wie jung die Gäste sind. Ich habe früher als Barkeeper gearbeitet, weswegen ich mir bewusst bin, dass Biertrinker eher älter und vornehmlich Männer sind. Doch an einem guten Abend ist das Geschlechterverhältnis in der Mikkeller & Friends Bar 50:50 und die Leute sind so alt wie ich, und ich bin 28.
Die Bar ist im Quartier Nørrebro, wo Tore und ich auch wohnen. Das Stadtviertel ist jung, ethnisch durchmischt und auch ein Bisschen links. Und die Bar zieht genau diese jungen Leute an.

2014 haben wir die Copenhagen Beer Celebration an beiden Tagen besucht. Ihr wart allerdings nur an einem Tag da und habt am zweiten Tag einen Kühlschrank mit euren Bieren aufgestellt.

[lacht] Ja, wir haben einen Automaten als Gag aufgestellt und so getan, als ob wir wegen unserem Kater nicht da sein konnten. Was den Leuten aber nicht aufgefallen ist, dass in der Maschine nur drei Kisten Bier Platz hatten und ich das Ding ständig auffüllen musste.

Wie anstrengend ist so ein Festival für einen Brauer?

Wir erhalten ungefähr 50 Anfragen pro Jahr um an Festivals teilzunehmen. Entsprechend müssen wir sie priorisieren, damit wir unsere Importeure zufrieden stellen können. Gleichzeitig überlegen wir uns auch, wo es spannend wäre, teilzunehmen und die lokalen Biere zu probieren.
CBC ist nicht so anstrengend. Die wirkliche Arbeit passiert vor dem Festival, da die Leute Weltklassebiere erwarten oder auch erwarten, dass Biere speziell für dieses Festival gebraut werden. Entsprechend brauen wir vor dem Festival viele Biere zu Hause.
Wir können auf die Universität Kopenhagen zugreifen, wo ich meinen Abschluss gemacht habe, und dort brauen. Gemeinsam machen wir viele wissenschaftliche Untersuchungen zum Brauen, weswegen wir eine enge Beziehung zu ihnen haben.
CBC ist wohl eines der besten wenn nicht sogar das beste Festival überhaupt. Sie kümmern sich um alles, kaufen dir das Bier im Vorfeld ab, so dass man sich nicht um Jetons oder so kümmern muss. Und sie organisieren eine gigantische Afterparty für die teilnehmenden Brauereien.

Wahrscheinlich erhaltet ihr auch 50 Anfragen für Kollaborationen.

Ja, wir bekommen viele Anfragen. Ich glaube fest an Karma. Als wir noch klein waren, gab es Leute wie Mikkeller, die uns dabei geholfen haben, bekannt zu werden. Zum Beispiel haben wir ein Bier mit Mean Sardine in Portugal gebraut, eine sehr kleine Brauerei die 2.5 hl Bier pro Sud braut. Für die Brauerei arbeiten zwei Jungs, wovon einer immer noch eine Vollzeitanstellung hat. Ich habe keine Ahnung, wie die alles unter einen Hut kriegen. Doch sie leben und sterben für Craft Bier und Portugal ist diesbezüglich eine Wüste. Deswegen wollte ich unbedingt mit ihnen Brauen, meinen Namen beisteuern und ihnen aushelfen und einfach auch Spass zu haben. Mit gleichgesinnten zu brauen ist immer einfacher. Beim Brauen geht es auch darum, zusammen mit freundlichen Leuten etwas zu machen, Freunde zu treffen mit denen man gerne zusammen ist.
Aber wir sagen auch nein. Nicht weil wir arrogant sind, sondern weil wir nicht für alles Zeit haben und weil zuerst eine Verbindung da sein muss. Manchmal fragen mich die Leute per E-Mail an. Das wäre zwar kein Hinderungsgrund, aber ich möchte schon gerne die Leute zuerst treffen um zu sehen, ob wir uns verstehen. Ich möchte ihre Biere probieren und danach abschätzen, ob eine Collaboration überhaupt Sinn macht.

Du hast deinen Abschluss erwähnt. Wie viel Wissenschaftlichkeit ist eurem Brauen inhärent?

Wir schreiten auf einem schmalen Grat zwischen traditionellem Brauen und den Leuten näher zu bringen, dass die Wissenschaft grossartig ist, so lange sie nicht dazu missbraucht wird, Kompromisse einzugehen. Biotechnologie und Nahrungsmittelwissenschaften haben auf Vieles eine Antwort. Neue Hefestämme, die andere Charaktereigenschaften zeigen, neue Hopfensorten oder auch neue Brautechniken, all das ist Wissenschaft.
Trotzdem brauen wir auf traditionelle Art und Weise. Deswegen sind unsere Biere ungefiltert, nicht pasteurisiert und in der Flasche endvergoren. Dies hat den besten Geschmack zum Resultat, aus einer wissenschaftlichen Perspektive betrachtet. Deswegen machen wir es so.
Gleichzeitig machen wir uns viele Gedanken über Lagerbeständigkeit und Qualität. Es gibt viele Dinge, welche wir während einer Degustation nicht ansprechen, weil sie zu technisch sind. Wir beschäftigen uns aber damit.

Nun zum Abschluss noch die zweite Frage welche wir in jedem Interview stellen: Welche fünf Biere sollte man trinken, bevor man stirbt?

Man sollte egal welches Bier von Anchorage in Alaska probieren. Deren Biere sind absolut grossartig.
Dann natürlich ein Bier von Mikkeller, da er mir das Brauen beigebracht hat als ich sein Student war. Mikkel’s Geist ruht nie. Er denkt ständig über neue Biere nach, was wirklich beeindrucken ist.

Hast du ein Lieblingsbier von Mikkeller?

Alle sauren Biere sind grossartig, alle Stouts, alle Pilsner aber auch alle IPA sind grossartig. Somit ist es wirklich schwierig eines auszuwählen. Wenn ich aber müsste, dann würde ich Beer Geek Brunch wählen.
Arizone Wilderness macht auch fantastische Biere. Die bekommt man aber nur schwer, da sie bisher nur in Kegs abfüllen.
LoverBeer in Italien ist ebenfalls gut. Ich mag die belgischen Sauerbiere von 3 Fonteinen, Cantillon und Tilquin. Die sind alle wirklich, wirklich gut. Die Biere von LoverBeer sind hingegen eine moderne Interpretation von Sauerbieren. Sie verwenden weitere Zutaten wie Früchte und Kräuter.
Crooked Stave aus Denver. Ein Besuch in ihrem Taproom ist einfach fantastisch.
Doch eine solche Liste zu erstellen ist unglaublich schwierig, da ich so viele Brauereien mag.

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