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Das Jahr 2020: Solidarität gut. COVID und NEIPA schlecht

bierversuche.ch year-end-review

Was kann man noch übers Jahr 2020 sagen, was nicht bereits schon gesagt oder gemeckert wurde? Und trotzdem haben wir wieder Personen in der Bier-Community ein paar Fragen gestellt, um zu erfahren, was ihnen zu 2020 einfällt und was sie von 2021 erwarten. Natürlich fiel oft das C-Wort, aber nicht nur. Denn 2020 war viel mehr als nur das C-Wort. Was die Community alles bewegt hat, bewegt und bewegen wird, könnt ihr hier nachlesen.

[Alle Antworten der Teilnehmenden sind am Schluss des Posts aufgelistet.]

Es war klar, dass in der diesjährigen Ausgabe unserer traditionellen Jahresendumfrage Corona im Mittelpunkt stehen wird. Und wenn man bedenkt, wie hart es das Gastgewerbe und alle, die es beliefern, getroffen hat, dann ist der Schmerz und der Ärger echt. Daher verleiht Kouros von La Nébuleuse die Goldmedaille des Jahres 2020 an «die gesamte Branche dafür, dass sie durch solch harte Zeiten gehen musste…..».

Bemerkenswert ist, dass etliche Brauereien gute Zahlen für 2020 melden. Pentabier.ch zum Beispiel hat einen Gewinn erwirtschaftet, Vaat hat sein Minimalziel erreicht und Gigantic freut sich, dass sie kein Geld verloren haben. Stellvertretend für viele spricht Jan von Brausyndikat ein grosses Dankeschön für all die Unterstützung aus, ergänzt dieses aber mit folgender Mahnung: «bitte denkt daran, dass wir euch alle noch brauchen! trinkt lokal!» (Schaut euch unsere #supportyourlocalbrewery-Artikel über Online-Shops und Rampenverkäufe für die Schweiz an.) 

Das Wort des Jahres: Solidarität

Es ist irgendwie sowohl erstaunlich – als auch, nachdem wir es selbst erlebt haben, nicht absolut überraschend – wie viel Schönheit und Hoffnung die Menschen in 2020 fanden. Das Wort «Solidarität» wird in den Antworten oft erwähnt, zum Beispiel von Cicerone Lana von Varvar Brew, die schrieb: «2020 gab dem Mantra ’support local› neuen Glanz, neue Realität und Form. Lange Zeit schien die Phrase nur ein Marketing-Motto zu sein, etwas Gezwungenes. Aber dieses Jahr kamen die Leute wirklich raus und unterstützten das, was sie wirklich mögen. Ich war froh, das zu sehen.» Dementsprechend vergaben einige Teilnehmer die bereits erwähnte Goldmedaille an alle Kunden.

Und während viele Hoffnung sahen, von dieser Solidarität gerührt waren, äusserte Stefan von Dr. Brauwolf eine gewisse Enttäuschung und Kritik für das, was man als Scheinheiligkeit bezeichnen kann: “Viele nerven sich über die Zwangsmassnahmen vom Staat bezüglich der Corona-Pandemie. Dies ist nicht weiter verwunderlich, beschneiden sie doch unser jeder Freiheit. Was ich jedoch nicht verstehe ist, dass viele glauben, der Staat mache das Kleingewerbe absichtlich kaputt. Im selben Atemzug kaufen sich die diese Leute dann neue Gegenstände über Amazon oder ein Punk IPA vom Coop [eine grosse Schweizer Supermarktkette]. Die alternative wäre lokal einkaufen, im Quartier oder der lokalen Brauerei. Schlussendlich sind es diese persönlichen Entscheidungen, bewusst und lokal einzukaufen, welche viel entscheidender sind für das Gewerbe, als was der Staat von oben herab diktiert.”

Solidarität in der Bier-Community

Einige Diskussionsteilnehmer fanden auch Solidarität innerhalb der Bierbranche, wie BierLab und Hoppy People, die untereinander darüber diskutierten, wie man NEIPAs verbessern kann. Oder Max von Five Points, der einen besonderen Dank an Braukollegen und Brauereien in London aussprach: «Ich habe in diesem Jahr eine starke Solidarität gespürt. Während wir aus der Brauerei auszogen sind, halfen uns andere Brauereien, die Produktion weiterzuführen. Red Church hat ein paar Sude für uns gebraut. East London Brewing Company liess uns einige Fässer bei ihnen reinigen, nette Jungs. Howling Hops hat uns den Arsch gerettet, indem sie uns in einer Notsituation ein paar Fässer reinigen liessen.»

Trotz all des Lobes für die Solidarität findet man in einigen Beiträgen auch einen Hauch von Traurigkeit, ein Element von Pessimismus und Resignation. So hofft Jeff Bagby für das laufende Jahr, dass die Leute «erkennen, dass es nicht nur um sie selbst geht» und Klaas von beyondbeer.de bittet um «Rücksicht, Nachsicht, Vernunft, Toleranz in der gesamten Gesellschaft und auch in der Biergemeinschaft.»

Interessant ist auch, dass zwei sehr prominente Produkte dieser Solidarität, die internationalen Bierkooperationen All Together (zur Unterstützung von Menschen in der Gastwirtschaft) und Black Is Beautiful (das zeigen will, dass der Beitrag von Minderheiten anerkannt wird) von unseren Diskussionsteilnehmern kaum erwähnt werden. Eine Ausnahme ist Jonny vom Craft Beer Channel, der auf Black Is Beautiful verweist: «Die Black Lives Matter-Proteste waren inspirierend, und die Reaktion der Brauindustrie darauf ermutigend. Wir können ein echter Ort der Veränderung sein.» Wir haben noch kein Black Is Beautiful in der Schweiz gesehen und können uns nur an ein All Together erinnern, das von L’Improbable gebraut wurde.

Vieles, was irritiert, aber nichts mehr als NEIPAs

Die Liste der Ärgernisse ist lang: Craftwashing, harter Selzer, Zapfverträge – an denen sich auch kleine Brauereien beteiligen, jammernde Personen, egoistische Personen, Unsicherheit, Sperrungen, Gesetzgeber und dann natürlich COVID. Immer. Immer wieder. COVID. Und NEIPA. Immer. Und wieder. NEIPA.

Nach ein paar Jahren und ein paar «Jahresendrückblicken» mit einer ausgeglichenen Anzahl von Befürwortern und Verächtern von NEIPAs (plus Magic Rocks Stuart, der NEIPA zuverlässig und jährlich verteufelt), hat sich die Stimmung nun geändert. Die Standardisierung und Gleichartigkeit von Juicy/Hazy IPA und deren Dominanz wurde von unseren Diskussionsteilnehmern wiederholt kritisiert (lest hier unsere Gedanken zu diesem Thema). Aus Brauerperspektive kritisiert Tobias von Blackwell das «grösser, besser, schneller für IPA-Biere. Eigentlich eine unnötige Verschwendung von Hopfenrohstoffen, die nur für ein noch verrückteres Aroma eingebraut werden. Weniger ist mehr.» Dieser Trend zieht Kreise, bis hin zu Daniele von BierLab, der beklagt, dass «Citra nur noch ab 250 Kilo zu haben ist» oder Valentin vom mobilen Dosenabfüller Lab63, der die Verknappung und Verteuerung von 44cl-Dosen auf dem europäischen Markt beklagt. «Einfach wahnsinnig», schreibt er. 

Wenn es nach Jeff von der kalifornischen Bagby Brewing ginge, wäre die beste Entwicklung für Bier das Ende dieses Hypes und dass Bier wieder wie Bier aussieht. Worauf ein Alessio von Intercommestibles mit seiner eigenen Irritation antworten würde: Nämlich das «Herbeireden vom Ende des New England-Hypes bzw. immer noch von Hype reden, dabei wird [das NEIPA] ein tragender Eckpfeiler der Bierkultur sein» [Übrigens sind wir der Meinung, dass NEIPA und Zero IBU/Hazy/Juicy IPA zwei verschiedene Bierstile sind – Anm. d. Red.] 

Kveik ist das neue Pastry Stout

Letztes Jahr haben wir gefragt, ob 2020 das Jahr des Kveiks sein wird. Und obwohl dieser Stil mehrfach erwähnt wird, sind sich die Teilnehmer nicht einig, ob man ihn mögen oder nicht mögen soll. Ein Zustand, den wir von Pastry-Bieren kennen – viel Hass und Liebe. Es gibt immer noch eine gute Portion Bewunderung für Lagerbiere und offenbar eine wiedergefundene Liebe für fassgelagerte Stouts in den Antworten. 

Was die Brauereien angeht, die 2020 beeindruckt haben, so findet man eine Liste mit erwarteten Namen wie Adroit Theory, Great Notion, Trillium oder Cloudwater, neben Newcomern wie Vault City. Dazu kommen die Newcomer der Schweizer Brauereiszene: Welcome Stranger wird von den Braukollegen Kouros von La Nébuleuse, Stefan von Dr. Brauwolf und Chris von aabachbier angepriesen. Dieses Projekt von Dave, ehemals BFM, und Katie, ehemals WhiteFrontier, Cloudwater und Bierfactory, macht Welcome Stranger definitiv zu einem Namen, den man im Jahr 2021 im Auge behalten sollte.

Das neue Normal wird bald das alte Unnormal

Nach einem Jahr der erzwungenen Einschränkungen gab es eine neu entdeckte Wertschätzung für das, was früher normal war, etwas so Alltägliches wie das Treffen von Menschen. Und Bier ist eine Sache, die Menschen zusammenbringt oder präsent ist, wenn Menschen zusammen sind. Eva von Qbeer spricht also für viele, wenn sie schreibt, dass sie im Jahr 2020 glücklich über die seltenen Gelegenheiten war, bei denen es möglich war, jemanden persönlich zu treffen.

Der Zwang, zu Hause zu bleiben, hatte einige positive Nebeneffekte: Man reiste innerhalb der Schweiz und Karin von Barfuss konnte zum Beispiel die Brauereien im Kanton Wallis kennenlernen. Es war also ein Jahr des Entdeckens, was in der Nähe ist, oder des Wiederentdeckens, was vergessen wurde: Eva von Qbeer bestätigt, dass es weniger ein Jahr der Entdeckungen und mehr ein Jahr der Wiederentdeckungen war. Mehrere Diskussionsteilnehmer, darunter Van von Gigantic oder Markus von Vaat, stellen fest, dass sie hauptsächlich ihr eigenes Bier getrunken haben und mit dieser Erfahrung recht zufrieden waren. Oder Mike von Lervig, der sonst auf vielen Festivals unterwegs ist, schrieb: «Ich bin 2020 kaum gereist, war schön, zu Hause zu bleiben!»

Trotzdem sprechen viele, viele Menschen davon, dass sie sich darauf freuen, wieder zu reisen oder Leute zu treffen, in Bars, auf Konzerte und Festivals zu gehen – und viele warten sehnsüchtig auf die Impfungen. Es ist also unwahrscheinlich, dass dieses Corona-Normal ein dauerhaftes Normal bleibt. Vielmehr gibt es eine aufgestaute Energie, die so schnell wie möglich freigesetzt werden soll, wie bei Robby von 7Peaks, der sich darauf freut, «dass sich der Staub legt, damit wir mit einer neuen Art zu leben und zu sein weitermachen können.» Beachtet jedoch das Wort «neu» in seinem Beitrag. Hier scheint er die gleiche Befürchtung zu äussern wie Jonny vom Craft Beer Channel, nämlich «dass wir alle wieder zur Normalität übergehen, als ob sich das Leben und das Geschäft nicht grundlegend verändert hätten.»

Genug ist genug

Und dementsprechend sind die beiden Dinge, die die Leute am meisten fürchten, dass die COVID länger dauert als erwartet und dass viele Gastgewerbebetriebe nicht überleben. Ein möglicher Nebeneffekt davon kann sein, wie zum Beispiel Lervigs Mike und Unterbads Harley schreiben,  im Aufkommen von Mainstream-Bier, weil «die Craft-Brauereien der Pandemie nicht gewachsen waren.» Ein typisches Beispiel: Julien von À tue-tête fürchtet den «Konkurs».

Also, vermutlich hat Birgit vom Institut für Bierkultur das Mantra für 2021 geschrieben: «Es kann nur besser werden.» Und um eine Antwort von Stu von den Yeastie Boys zu adaptieren: Wir wünschen uns, dass alle unsere Familien, Freunde, Mitarbeiter und Branchenkollegen im Jahr 2021 glücklich und gesund sein werden.

Abschied von Trois Dames

Viele Schweizer waren überrascht bis traurig bis erschüttert über die Schliessung der legendären und wegweisenden Schweizer Brauerei Trois Dames. In diesem Zusammenhang fragt Robby von 7 Peaks: «Werden wir mehr davon sehen oder ist meine Idol-Brauerei eine Anomalie?»

Adieu, Trois Dames. Wir danken euch für alles. Ihr werdet schmerzlich vermisst werden.

  • Alessio, Intercomestibles Zürich
  • Ben, Fermentos Consulting
  • Biit,
  • Birgit Rieber, Institut für Bierkultur
  • Bost Ben, Brasserie BlackPig Sàrl
  • Bov,
  • Chris Kneuss, aabachbier
  • Chris Treanor, WhiteFrontier
  • Christian, bierversuche.ch | wortspiele.org
  • Christian The CRAFTS, The CRAFTS
  • Daniel Häfliger, BB Brewers
  • Daniele Torresin, BIERLab
  • Darron Anley, Siren Craft Brew
  • David, Hoppy People
  • Dominik Neff, Landskroner Bräu GmbH
  • Eva Roffler, QoQa Services SA
  • Gregor Völkening,
  • Harley Williams, Unterbad Brewery
  • Heinz Keller, pentabier.ch
  • Jan, Bierversuche
  • Jan de Ruijter, Brausyndikat
  • Jeff Bagby, Bagby Beer Company
  • Jerome Gfeller, no organization
  • Jérôme Rebetez, Brasserie BFM sa
  • Jonny Garrett, Craft Beer Channel
  • Julien, À tue-tête!
  • Julien Manetti, Chien bleu
  • Kägi, Old Hill Brewery / craftbrew.ch
  • Karin Patton, Barfuss Brauerei GmbH
  • Kaspar Scheidegger, Shrinkbrew
  • Katie Pietsch, Welcome Stranger Brewing Company
  • Ken Katanishi, Brasserie du Château
  • Klaas, Beyond Beer
  • Kouros Ghavami, La Nébuleuse
  • Lana Svitankova, Varvar Brew
  • Manuel Garcia, Viking Brew Lab
  • Marcel Thurnheer & Adrian Probst, HellsKitchen Brewery
  • Marco Hermann und Gianluca Bernet, HERMANN Bier
  • Markus Forster, ProBier.ch
  • Markus Hausammann, Vaat OÜ
  • Martin, Sudwerk
  • Mathias Oeschger, Brauerei Adler
  • Mats Janett, Lost Grain
  • Maxime Descloux, The Five Points Brewing Co
  • Merlin (WizardBeerDog) & Family, Not so organized
  • Michu, Meduzin
  • Mike Murphy, Lervig
  • Oliver Martini, 4655 Brewing Company
  • Patrik Feller, Brauerei Strättligen Bier
  • Raphi & Alex, Bierliebe
  • Reto Engler, Brasserie Docteur Gab’s
  • Robby, 7Peaks Brasserie
  • Rod , Bachweg Brewing GmbH
  • Rodrigo Silva, Broken City Brewing Co.
  • Roli Singer, VIB Verein Interessierter Bierbrauer
  • Rylie , Thespillydrinker instagram
  • Sandro Wirth, Zurich Beer Tour
  • Silvia , Brau-und Rauchshop
  • Simon Dankwa, LägereBräu AG
  • Stefan Gysel, Bodenseebräu
  • Stefan Hahn, Getränke Hahn AG
  • Stefan Wolf, Dr. Brauwolf
  • Stu McKinlay, Yeastie Boys
  • Stuart Ross, Magic Rock Brewing Co
  • Susanne Lutz, Brauerei Thun
  • Thomas Schneider (ttt), —
  • Tobias Aeschlimann, Brauerei Blackwell AG
  • tristan, simmentaler braumanufaktur gmbh
  • Valentin Schilter, LAB63 Mobile Canning
  • Van Havig, Gigantic Brewing Company
  • Xavier Righetti, l’Apaisée SA
  • Yannick Muller , Au coin mousse
  • Zwahlen Stephan, AMSTEIN SA
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