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Jahresrückblick 2021: Das Jahr in dem Craft Bier langweilig wurde

War 2021 das Jahr in dem Bier langweilig wurde? Oder anders gefragt, wann gab es im Bier die letzte Entwicklung, die wirklich aufregend war?

Scheinbar geht es mit diesem Eindruck nicht nur uns so, denn so schreibt Susi von Thunbier: «Ich hab’ den Eindruck, dass Craft Bier bezüglich Spannung und Neuigkeiten festgefahren ist. Es gibt keine frischen Ideen.» Das gleiche meinen auch Jay von der Kajüte, Max von Five Points, Eric von der Brasserie La Mine und Harley von Unterbad.

Wie lässt sich diese Langeweile erklären? Wir versuchen es anhand von drei Punkten:

Punkt 1: Das verlorene Jahr

Das Jahr 2021 war für die Tonne. Ja, es gab immer wieder ‘mal eine Entspannung, aber wir sind in diesem Jahr mehr Wellen geritten als hochmotivierte Surfer auf Hawaii. Das ständige hin und her, die Vorfreude und Enttäuschung, die Vorsicht und Achtlosigkeit war ermüdend und frustrierend und weckte wenig Lust auf ungehemmte Freude, Gemeinschaft und Gemütlichkeit oder eben frische Ideen. Während wir 2020 im Survival Modus waren, als Gemeinschaft, Unternehmen oder Menschen, war 2021 ein Zwitterjahr, das sowohl nichts wie alles bot.

Punkt 2: 100 Biere sind nicht 100x besser als 1 Bier

Langeweile hat viel mit dem Grenznutzen zu tun. Dieser beschreibt den Umstand, dass der Nutzen oder die Freude beim ersten Mal am grössten ist und dann immer mehr abnimmt. Das ist kein Argument, jedes Bier nur ein Mal zu trinken. Das erste Bourbon Barrel Stout wird immer eine einzigartige Erfahrung bleiben, denn der Grenznutzen spielt auch bei Bierstilen. Zusammen mit der Dominanz von DDH Hazy/Juicy IPAs und dem Ausbleiben von frischen Ideen, nahm der Grenznutzen über das Jahr kontinuierlich ab und die Langeweile kontinuierlich zu.

Punkt 3: Die irrsinnige Dominanz von DDH Hazy/Juicy IPAs

Selbst als IPA der unangefochtene Dominator war, gab es immer noch Ambers, Browns und so weiter. Aber DDH Hazy/Juicy IPAs verdrängen aktuell aber alles, wie eine invasive Spezies. So werden Brauereien wie die Helden des Westcoasts Stone oder auch der Budweiser-Ableger Blue Moon dazu genötigt, ein Hazy Bier zu brauen. Unter vielen anderen bemängelt das Lana: «Der Überfluss von NEIPAs schmerzt weiterhin. Es bleibt schwierig in einem Taproom etwas anderes zu finden. Darüber hinaus tendieren diese Biere dazu, sich zu einem generischen, ähnlich schmeckenden Bier zu vermischen.»

Pierre vom BIERlab kommentiert das so: «Schade, dass in der CH immer nur ein Stil populär sein kann». Aktuell sind das eben Hazy/Juicy IPAs und wohl auch bis auf weiteres. Aber wie schon geschrieben, der Grenznutzen von uneingeschränkt austauschbaren, immergleichen, überalkoholisierten und unausgewogenen DDH Hazy/Juicy IPAs nimmt rasant ab. Bei uns so rasant, dass wir nur noch widerwillige solche Biere probieren.

Und wie jedes Jahr zitieren wir an dieser Stelle sehr gerne Jeff von Bagby. So meint er dieses Jahr «Hazy/Murky ist und bleibt ein Ärgernis.»

Craft Bier goes Retro – als Ersatz für frischen Ideen

Ob nun 2022 frische Ideen zurückkommen, wissen wir nicht. Deswegen muss 2022 aber nicht gleichermassen langweilig werden.

Wir beschäftigen uns nun schon seit mehr als 10 Jahren mit dem Thema Bier. Und in regelmässigen Abständen wurde ein neuer Bierstil wiederentdeckt oder neu erfunden, Saison, Black IPA, White IPA, Berliner Weisse, Pastry Stout, New England IPA. Genau hier sehen wir die Chance, wie Bier wieder interessant werden kann: Wenn Bier sich seiner Wurzeln besinnt und das was Alt ist wieder Neu macht. Erste Anzeichen erkennen wir bereits.

Gleich wie die Jungen aktuell in Kleider rumlaufen, welche uns schon in den 90er Jahren wie Deppen aussehen liessen, orientiert sich Craft Bier erneut an der Vergangenheit, z.B. werden West Coast IPA wiederentdeckt (aber z.T. schändlicherweise mit Hafer und Weizen gebraut als West Coast Hazy). Wir sind gespannt, wie das weitergeht. 

Und zudem sind wir hierauf gespannt:

  • #metoo hat Craft Bier 2021 kräftig durchgeschüttelt. Erreicht diese wichtige und notwendige Diskussion auch irgendwann noch die Schweiz?
    (siehe z.B. Beiträge von Ken von L’Improbable, Fredrik von Brekeriet oder Katie vom tollen Projekt B.I.E.R., das von Julien von A tue-tête die diesjährige Goldmedaille verliehen kriegt).
  • Craft Bier ist naturverbunden und somit liegt Nachhaltigkeit nahe. Welche Brauereien unternehmen ihre ersten Anstrengungen im Bereich Nachhaltigkeit?
    Das ist gerade auch deswegen wichtig, weil, wie Patrick von Strättligen festhält, durch den Klimawandel «die Verfügbarkeit und Qualität der Braurohstoffe gefährdet» ist. (siehe auch die Beiträge von Tristan von Dr. Gabs oder Guido von der Brauerei Wiggerli, der ein Bier brauen möchte, bei dem dem alle Rohstoffe in der Schweiz angebaut und produziert wurden (Gerste, Malz, Hopfen).)
  • Überwinden low-ABV-Biere ihr schlechtes Image (welches Samuel von Blackwell attestiert) und geht der Trend zu Bieren mit vernünftigem Alkoholgehalt weiter?
    (siehe z.B. Beiträge von Rolf Wicki, Lana, Markus von Probier oder Luc ‘Cayon’)
  • Wir sprechen seit Jahren vom Lager-Revival. Wird dieses 2022 endlich auch bei den Kunden ankommen?
    (bei den Brauern ist die Liebe bereits angekommen, siehe z.B. Beiträge von Chris von Fuerst Wiacek, Richard von BFM oder Eva von Qbeer)
  • Lernen wir wieder Freude im Gewohnten zu finden?
    Eine Freude, welche uns zu oft sogar verhindert wird, oder wie Julien von A tue-tête! Schreibt: «Ich finde es manchmal frustrierend, wenn ich ein Bier nicht mehr als einmal finden und trinken kann….»
  • Und natürlich: Werden DDH Hazy/Juicy-Biere ihre Dominanz verlieren?
    (was zur Freude von unzähligen Teilnehmenden wäre).

Paradies mit Makel

Eigentlich leben wir heute im Vergleich zu früheren Jahren in paradiesischen Zuständen . Vor Jahren war die Anzahl verfügbarer Biere im Handel so gering, dass man problemlos jedes davon kaufen konnte. Heute ist es nicht mehr möglich. Früher gab es ein paar wenige Festivals, heute kann man die Wochenenden fast ausschliesslich an Festivals verbringen. Heute gibt es einerseits grossartige Schweizer Brauereien und andererseits eine Vielzahl von Brauereien, welche nur noch von BOV und TTT bewältigt werden kann.

Wenn wir es jetzt noch schaffen, dass in Bars und Restaurants auch eine vielzahl von Bieren statt nur einer «Stange» angeboten werden, die Qualität der Schweizer Biere sich bedeutend verbessert (diese wird von gleich vielen kritisiert wie gelobt) und wir COVID-19 endlich hinter uns lassen können, dann sieht die Zukunft doch sehr vielversprechend aus.

Unsere Teilnehmenden sind jedenfalls optimistisch und freuen sich darauf neue Orte zu entdecken und an Festivals zu gehen – sowohl als Gäste wie auch als Brauereien. Die Brauer freuen sich zudem auf Planungssicherheit. Vor allem aber freuen sie sich alle darauf, ein Bier mit Freunden zu trinken, «einfach unbeschwert und beschwipst», wie Stefan von Braufwolf meint.

  • Andreas Quendt, LägereBräu AG
  • Biit,
  • Chris Treanor, Fuerst Wiacek
  • Christian, bierversuche.ch | wortspiele.org
  • Christian , Zipf
  • Elliott Hébert, Brasserie des Vagabonds
  • Eric, Brasserie La Mine
  • Eva Roffler, QoQa / Qbeer
  • Fabio Colombo, Independent brewer
  • Fabricio Ataide, Totally Beer
  • Fred Ramseier, Aathaler Brauerei
  • Fredrik Ek, Brekeriet Beer
  • Gregor Völkening,
  • Guido Felder, Brauerei Wiggerli
  • Harley Williams, Unterbad Brewery
  • jan de ruijter, brausyndikat & wortspiele
  • Jay Tanoa, Cafe Kajüte
  • Jeff Bagby, Bagby Beer Company
  • Jérôme Rebetez , Brasserie BFM
  • Joel Wirth, Brau- und Rauchshop GmbH
  • Joshua, Brauerei BAF
  • Julien, À tue-tête!
  • Julien, Chien Bleu
  • Julien Brändli, Brasserie Cinq 4000
  • Kaspar Scheidegger, Shrinkbrew Ales
  • Katie Pietsch, Feldschlösschen
  • Ken, Brasserie de l’Improbable
  • Lana Svitankova, Freelance
  • Luc «cayon», Cayon’s brewery
  • Marcel Thurnheer & Adrian Probst, HellsKitchen Brewery, HellsKitchen Brewery
  • Markus Forster, probier.ch
  • Markus Hausammann, Vaat Brewery
  • Martin, Sudwerk Brauerei
  • Matthias Koschahre, Altes Tramdepot Brauerei & Restaurant AG
  • Max Descloux, Five Points Brewing Co.
  • Michael , Brasserie Meduzin
  • Michael McGarty, Brauerei Thun AG
  • MICHAEL MURPHY, Lervig
  • Michael P, Dr. Brauwolf
  • Moritz Künzle, BK Bierkultur AG, Öufi Brauerei
  • Patrik Feller,
  • Pierre, BIERlab
  • Reto Engler, Dr.Gab’s brewery
  • Reto Widmer, hopfeNerd
  • Richard Brady kilcullen , BFM
  • Rolf, Prime Drinks AG
  • Rolf Künzi, Hohenbräu
  • Rolf Wicki,
  • Roli Singer, VIB Verein Interessierter Bierbrauer
  • Samuel Aeschlimann, Brauerei Blackwell AG
  • Sandro Wirth, Zurich Beer Tour
  • Schneider, Tüüfelsbräu
  • Sébastien Chazaud, VLK Distribution
  • Stefan Gysel, Bodenseebräu
  • Stefan Hahn, Getränke Hahn AG, Frauenfeld
  • Stefan Wolf, Dr. Brauwolf
  • Stephan Zwahlen, Amstein SA
  • Susi Lutz, Thunbier
  • Thiago Gross, Brasserie Hoppy People
  • Tore Haugholt, Fjord & Fjell Nano Brewery
  • Tristan Trevissick, Dr. Gabs
  • Urs Egger, ECM Bräu GmbH
  • Valentin Schilter, LAB63 Mobile Canning
  • Xavier Righetti, Brasserie l’Apaisée
  • Yannick , au coin mousse
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