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Hobby vs. Pro

Am 10. September 2022 findet der diesjährige Brau und Rauch Beer Contest statt und viele Hobby und Profi-Brauereien werden auch dieses Jahr wieder ihre Biere von unabhängigen Judges bewerten lassen.

Moment, Hobby und Profi-Brauereien reichen Bier ein? Ist es nicht unfair, wenn Pro Brauereien gegen Hobby Brauereien bzw. Homebrewer antreten? Und was macht eine Brauerei eigentlich zum Pro? Wir gehen diesen Fragen nach.

Es war vor knapp einem Jahr, als ein digitales Raunen durch die Facebook Gruppe Swiss Homebrewers ging, als am Samstag des Brau und Rauch Beer Contest 2021 der Gewinner verkündet wurde. Es war das American Pale Ale von Dr. Brauwolf, welches die Jury aus den 6 Finalistenbieren am meisten überzeugen konnte und welches sich somit an die Spitze der über 380 eingereichten Biere setzen konnte. Die Final-Jury bestand aus 6 Brauern, Sommeliers und internationalen Bier Judges und das Gewinnerbier konnte durch seine Machart und Stiltreue überzeugen.

Doch ist es nicht unfair, wenn eine professionelle Brauerei am B&R Beer Contest gewinnt? Einige Teilnehmer der Gruppe waren dieser Meinung. Jemandem stiess es damals auf, dass Homebrewer und Pro-Brauer im gleichen Contest sind. Andere bemängelten, dass es ein Homebrew Contest sei (was es übrigens nicht ist). Und schliesslich brach eine Diskussion vom Zaun, was denn überhaupt eine professionelle Brauerei ausmacht.

Vorteile auf beiden Seiten

Ist es nun fair, dass Pro- und Homebrewer Seite an Seite gegeneinander antreten? Wir glauben ja. Erstens, weil es darum geht, wer das beste Bier am Wettbewerb einreicht. Das, und so hat die Vergangenheit gezeigt, können Hobby- oder professionelle Brauereien sein. Als in den Jahren davor Hobby-Brauer gewannen, gab es auch kein Aufschrei der Profis, dies sei unfair (und ja, es haben damals auch solche mitgemacht).

Und ein solcher Aufschrei wäre eigentlich auch denkbar. Professionelle Brauereien können nicht ein Bier brauen, nur um es an einem Beer Contest einzureichen und ein Preis zu gewinnen. Sie müssen es und die ganze gebraute Menge auch verkaufen können, und dabei die Kosten für die Rohstoffe im Auge behalten. Homebrewer können also viel flexibler und kreativer brauen. Andererseits haben Profis Vorteile mit ihren Systemen. Braufehler sollten weniger auftreten und die Biere in den Flaschen oder Büchsen oxidieren tendenziell weniger – aber auch das ist möglich und kommt leider vor.

Die Möglichkeit, professionelle Brauereien an einem Contest schlagen zu können, sollte somit eher Ansporn sein, top Biere zu brauen und diese einzureichen, als ein Hindernis für eine Teilnahme. Denn, mal abgesehen vom unvoreingenommenen Feedback, das jeder kriegt und sicher wertvoll ist: Ist es nicht die Idee eines Contests, sich zu messen? Mit wem ist doch eigentlich egal. Oder gilt eher der olympische Gedanke: Dabei sein ist alles? Wohl kaum, denn dann hätte ein Kritiker nicht geschreiben, er sehe bei Mischung von Pro und Hobby nicht ein, wieso man überhaupt teilnehmen soll.

Fairerweise soll hier noch kurz erwähnt sein, dass jemand in der Gruppe auch schrieb, dass ihn vor allem das Feedback interessiert hat, um sich zu verbessern. Besagter Homebrewer hat übrigens letztes Jahr einen ersten und dritten Platz geholt. Homebrewer zu sein, steht also einem Gewinn nicht im Weg.

Ein Contest für alle offen

Für einige mag der Brau- und Rauchshop ein Geschäft für Hobbybrauer sein. Dem ist nicht so. Viele Micro- und Kleinbrauereien beziehen dort (einen Teil) ihrer Waren. Kunde zu werden steht allen offen und genau so steht der Contest allen offen. Nirgends steht, dass es sich dabei um einen Contest für Homebrewer handelt. Solche existiert nämlich bereits mit der SIOS Trophy und dem SHS-Contest. Bei ersterem kann aber auch jeder Judge werden, unabhängig vom Hintergrund.

Stattdessen soll der B&R Beer Contest es allen ermöglichen, ein qualitativ hochwertiges Feedback zu erhalten von Menschen, welche etwas von Bier verstehen. So waren viele der Judges selber Brauer, und zwar in Brauereien, die damit Geld verdienen, wie La Nébuleuse, Hoppy People, Brauerei Thun, BFM, Brausyndikat, White Frontier, Blackwell oder Brauhaus 531. Der andere Teil setzt sich aus Bier Sommeliers (die Mehrheit sind Diplom Bier Sommeliers) oder Cicerones und respektierten Bier-Judges und Bier-Hunter zusammen wie BOV, Thomas Schneider (TTT) und Laurent Mousson (Head-Judge). Eine ähnliche Zusammensetzung wird es auch dieses Jahr geben.

Deshalb ist dieser Contest auch für die kleinen Profibrauereien interessant. Ziemlich günstig erhalten sie ein absolut neutrales Feedback auf ihr Bier. Und wenn es im Feedback heisst, das Bier habe Diacetyl, wissen die Brauer, dass sie bei der Gärführung geschlampt haben, und dies sofort beheben sollten. Wer also ehrliches Feedback akzeptieren kann, kann mit der Teilnahme auch nichts verlieren. Schliesst man schlecht ab, wird dies nie jemand erfahren, ausser man erzählt es allen selbst. 

Hobby vs. Profi

Da der Contest für alle offen ist, müsste die Frage, was denn eigentlich eine Profi-Brauerei ausmacht, hier eigentlich gar nicht diskutiert werden. Weil es aber eine interessante wie auch schwierige und kontroverse Frage ist, wollen wir uns das nicht nehmen lassen. Schliesslich war einer der Kommentare in der Diskussion doch, der Unterschied sei klar. Wer registriert ist als Brauerei bei der Zollverwaltung, der gilt als Profi. Wir glauben nicht, dass es so einfach ist.

Zuerst mal zu den Begriffen. Gemäss Wikipedia ist Heim- oder Hobbybrauen (also Homebrewing) die nicht gewerbliche Herstellung von Bier für den Eigenbedarf. Ein Profi hingegen ist jemand, der eine Tätigkeit Beruflich oder zur Erwerbung des eigenen Lebensunterhaltes ausübt. Dies zeigt bereits, dass dazwischen eine grosse Grauzone liegt. Verkaufe ich Bier, mit welchem ich lediglich einen kleinen finanziellen Zuschuss verdiene, bin ich kein Hobbybrauer, aber auch kein Profibrauer.

Nicht klarer macht es die Unterscheidung gemäss der eidgenössischen Zollverwaltung. Registrieren muss sich jeder, welcher mehr als 400 Liter Bier braut im Jahr (deshalb auch die wahnsinnige Anzahl von über 1200 registrierten Brauereien für die Schweiz) was ja eigentlich nichts ist und sicher nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts genügt. Und zudem darf man sich auch registrieren, wenn man weniger als 400 Liter braut.

Wie kann nun also eine Linie gezogen werden zwischen Hobby und Profi? Hier einige Ansätze:

1. Grösse des Systems

Wer zuhause in seiner Pfanne braut, ist definitiv ein Homebrewer. Dasselbe gilt, wenn man im Braumeister braut. Nur, wann ist die Pfanne oder das System dann zu gross, um noch Heimbrauer zu sein? 40 Liter, 100 Liter? Eine Grenze lässt sich kaum klar ziehen. Auch zu sagen, es müsse vom verwendeten System abhängen, wird schwierig. Dies taugt also nur begrenzt zur Unterscheidung. BeerDroid, Grainfather, Robobrew und Co. machen es möglich, dass auch Heimbrauer App gesteuerte, fast vollautomatische Systeme nutzen können. Klar, ab einer bestimmten Grösse ist es wahrscheinlich, dass man professionell braut und seinen Lebensunterhalt damit verdient, aber da eine klare Mengenangabe zu machen, ab welcher es von Hobby zu Pro wechselt, ist wie Kaffeesatzlesen.

2. Brauer vs. Brauerei

Ein anderer Vorschlag in der Diskussion war, dass Brauereien mit einem eigenen Brauereiname professionelle Brauereien sind, solche ohne Name Hobbybrauer. Diese Unterscheidung greift aber auch nicht. Wer sich bei der Eidgenössischen Zollverwaltung registriert, gibt einen Namen für die Brauerei an. Und dass diese Registrierung nicht das Mass der Dinge sein kann, haben wir bereits abgehandelt.

3. Angestellte

Ein weiteres Kriterium, das zur Unterscheidung von Pro und Hobby helfen könnte, ist, wie viele Personen angestellt sind. Ein Profibrauer ist ja per Definition einer, der seinen Lebensunterhalt damit verdient. Entsprechend müsste jede Brauerei, welche jemanden als bezahlten Angestellten hat, eine Profibrauerei sein, egal zu welchen Pensen diese angestellt sind. Das macht eigentlich am meisten Sinn.

Ein Problem ergibt sich aber auch hier: Was ist mit all den Brauereien, welche Bier verkaufen, wo aber der oder die Brauer/innen keinen Lohn erhalten, weil sie sonst noch arbeiten und das mit dem Bier verdiente Geld vor allem in den Ausbau der Brauerei stecken?

Eine Umfrage von uns unter 183 Brauereien hat gezeigt, dass 33% niemanden angestellt haben, 44% hatten unter 20% Vollzeitpensum. Nur gerade 23% hatten also mehr als eine 20% Stelle in ihrer Brauerei. Trotzdem ist dies wohl das beste Kriterium, um Pro- und Hobbybrauer zu unterscheiden.

4. Ständig käuflich verfügbares Produkt

Eine letzte Möglichkeit, die wir sehen, ist die Verfügbarkeit der Produkte. Ein Hobbybrauer produziert ab und an neue Biere, seine Produkte sind jedoch nicht ständig verfügbar. Er kann also gut “out of stock” sein. Bei professionellen Brauereien sollte das im Normalfall nicht passieren. Sie haben immer Bier verfügbar. Ob das immer die gleichen oder immer unterschiedliche sind, spielt dabei eigentlich keine Rolle.

Es zeigt sich: Eine Abgrenzung ist leider nicht so einfach, wie es den Anschein macht und schlussendlich ist es wohl am einfachsten, auf Selbstdeklaration zu setzen, ob sich jemand als Homebrewer oder Profibrauer sieht – mit all seinen unbekannten Folgen.

Jetzt seid ihr dran. Wie steht ihr dazu? Habt ihr weitere Ideen, wie man Pro- und Hobby noch trennen könnte? Lasst es uns in den Kommentaren wissen.

P.S: Noch bleibt Zeit, ein Bier für den Contest am 10. September zu brauen. Bis am 5. September müssen sie beim Brau & Rauch Shop eingetroffen sein.

Hier gehts zur entsprechenden Diskussion auf Facebook

3 comments
  1. Kaspar Scheidegger / Shrinkbrew

    Ich würde genau in die Grauzone fallen. Nenne mich semiprofi. Es finanziert sich selbst, inkl. neues equipment. 150l. Ich nehme seit blutigen Anfängerzeiten am contest teil und finde es gut so wie es ist. Das Equipment ist ja vor allem bei den oxidationsempfindlichen relevant, sonst weniger.
    Jeder kann gewinnen, zumindest kategorien, es gibt immer wertvolles feedback und spornt den ehrgeiz an.

    1. jan

      Danke für Deinen Kommentar. Ich finds toll zu hören, dass Du zu denen gehörst, die dadurch angespornt werden. Das ist jedoch bei weitem nicht bei allen so. Auf Insta sehe ich, dass du dir die Feedbacks auch zu Herzen nimmst um dich zu verbessern, das ist natürlich toll. Ich wünsch auf jeden Fall weiterhin viel Erfolg, beim Brauen und beim Contest. BG, Jan

  2. Pascal

    Also ich hatte Glück und habe eine Goldmedallie und eine Bronze Medallie 2021 abgestaubt. Ich braue 23l Batches und beide obrigen waren in einem Plastik-fermenter… mit Temperaturkontrolle, genug Sauerstoff und genügend Hefe… Zutaten sind ja oft die Gleichen, da Amateur und Pro oft bei Lieferanten wie B&R, Hopfenshop und co bestellen können.
    Viele «Profis» arbeiten ähnlich wie ich (nur mehr Liter) und die grossen Namen sind ja eher am Tisch der Judges bzw wollen sich nicht blamieren…
    Jeder Amateur hört ja auch gern «Deins find ich besser als das im Supermarkt» – hier kann man ein Attest dafür bekommen. Ich hoffe, das der Wettbewerb bleibt, wie er ist – gerade weil viele 500L «Brauereien» nach tollen Resultaten eröffnet wurden!

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